
Linksfraktionschefin Heidi Reichinnek hat Bundestagspräsidentin Julia Klöckner (CDU) den Rücktritt nahegelegt. „Wenn ihr das Hofieren von Rechten wichtiger ist als ihr Amt entsprechend auszufüllen, dann soll sie es doch bitte abgeben“, sagte Reichinnek dem „Tagesspiegel“.
Auslöser ist ein Auftritt von Klöckner auf dem Sommerfest der CDU Koblenz. Es fand im Innovationsforum einer Firma in Koblenz statt, das mehrheitlich einem Unternehmer gehört, der auch das Online-Portal „Nius“ mitfinanziert. Bei dem Empfang verglich Klöckner „Nius“ mit der „taz“, deren Methoden und Vorgehen seien „nicht so sehr unähnlich“.
Reichinnek kritisierte diese Aussagen scharf: „Nicht nur in der Politik, auch in der Medienlandschaft beschwört Julia Klöckner das Hufeisen und verharmlost damit rechte Hetze und Desinformation“, sagte sie. Mit ihrem Auftritt normalisiere Klöckner US-Zustände. „Dieses Verhalten ist als Bundestagsabgeordnete schon hochproblematisch, als Bundestagspräsidentin jedoch unerträglich“, so Reichinnek.
Auch innerhalb der schwarz-roten Koalition wurde Kritik an Klöckner laut. „Die Gleichsetzung der `taz` mit einem Portal wie `Nius` halte ich für völlig unangemessen“, sagte die stellvertretende Fraktionsvorsitzende der SPD im Bundestag, Wiebke Esdar, dem „Tagesspiegel“. Die „taz“ sei seit Jahrzehnten fester Bestandteil der pluralen Presselandschaft und arbeite nach den Regeln des seriösen Journalismus, „Nius“ hingegen agiere polarisierend und klar politisch. „Wer beides gleichsetzt, schwächt das Vertrauen in unabhängige Medien und verkennt die Unterschiede zwischen kritischem Journalismus und Meinungsmache“, kritisierte Esdar.
Ähnlich äußerte sich auch die Parlamentarische Geschäftsführerin der Grünen, Irene Mihalic. Klöckner sei nach ihrem Auftritt zu Recht in der Kritik, „doch ihre Verteidigungsstrategie macht es nicht besser“, sagte sie dem „Tagesspiegel“. „Nius“ verbreite Narrative der extremen Rechten und schrecke bisweilen auch nicht davor zurück, Falschnachrichten zu verbreiten. „Es ist Teil des rechtsextremen Playbooks, diese Narrative zu normalisieren und als journalistische Arbeit zu deklarieren. Die Bundestagspräsidentin sollte nicht dazu beitragen“, so Mihalic.
Der CDU-Abgeordnete Pascal Reddig verteidigte hingegen Klöckner: „Wer die Presse- und Meinungsfreiheit erst nimmt, muss auch einen breiten Korridor an Meinungen und journalistischen Angeboten akzeptieren. Das hat Julia Klöckner zu Recht deutlich gemacht und das erwarte ich auch von einer Bundestagspräsidentin“, sagte er dem „Tagesspiegel“.
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