PKGr-Vorsitzender fordert Stärkung der Nachrichtendienste und mehr Sicherheitsbewusstsein

Der neue Vorsitzende des Parlamentarischen Kontrollgremiums, Marc Henrichmann (CDU), fordert eine Stärkung der deutschen Nachrichtendienste und ein größeres Sicherheitsbewusstsein in der Bevölkerung.

„Wir müssen offensiver kommunizieren“, sagte er der „Welt“. „Ich erlebe im Wahlkreis häufig, dass Bedrohungen, insbesondere durch Russland, vielfach unterschätzt oder gar nicht wahrgenommen werden.“ Stattdessen würden falsche Informationen „aus Desinformationskampagnen der eigenen Regierung oder politischen Vertretern angelastet“. Man müsse „die Menschen dafür sensibilisieren, was tatsächlich passiert“.

Henrichmann sprach sich für mehr Befugnisse der Nachrichtendienste aus: „Ein erster Schritt wäre, ein einheitliches europäisches Niveau zu schaffen. Wir reden derzeit nicht über eine Überdehnung, sondern zunächst über einen notwendigen Ausbau auf ein europäisch übliches Niveau.“ Dabei müsse auch die Datenschutzpraxis hinterfragt werden. „Wir haben völlig zu Recht eine gewachsene Datenschutzkultur in Europa. Nur ist es fraglich, ob wir diese in Deutschland in voller Breite auch auf die Arbeit der Nachrichtendienste anwenden sollten – insbesondere in Krisenzeiten.“

Zudem warnte Henrichmann vor strukturellen Hürden im Umgang mit Partnerdiensten: „Wenn Informationen von Partnerdiensten erst auf personenbezogene Daten geprüft und bei Bedarf geschwärzt werden müssen, bindet das Personal, das wir dringend in der Aufklärung brauchen – für Tätigkeiten, die in der Praxis kaum noch nachvollziehbar sind.“

Auch beim Militärischen Abschirmdienst (MAD) sieht er Handlungsbedarf: „Wenn deutsche Soldaten etwa in Litauen stationiert sind und sich ein Spionageverdacht außerhalb der Kaserne ergibt, kann der MAD nicht erst eine Grundsatzdebatte in Berlin führen. Wir brauchen flexible Einsatzregeln – sonst laufen wir Bedrohungen hinterher.“

Mit Blick auf den Datenschutz und seine politischen Auswirkungen sagte Henrichmann: „In der Vergangenheit wurde in der Politik häufig sehr kleinteilig argumentiert, wenn es um große sicherheitspolitische Phänomene ging. Beim Datenschutz drehte sich die Debatte dann um den einen Staatsbürger, dessen Daten abgeflossen sind. Das ist tragisch, das will ich auch nicht kleinreden.“ Aber mit Einzelfallbetrachtungen könne man keine Sicherheits- oder Bundespolitik gestalten. „Ich muss steuern – und das geht auch unter Wahrung rechtsstaatlicher Regeln.“ Und weiter: „Der Einzelfall darf nicht dazu führen, dass wir uns selbst Fesseln anlegen. Genau das haben wir in der Vergangenheit aber getan.“

Zur Cyberabwehr forderte Henrichmann einen grundlegenden Wandel in der Zusammenarbeit zwischen Staat und Wirtschaft: „Wir brauchen verbindliche Meldewege, klare Rechtsgrundlagen und vor allem eine Rückmeldungspflicht: Wer eine Meldung macht, muss auch eine verwertbare Rückmeldung erhalten.“ Beim Thema Künstliche Intelligenz sprach er sich für neue Spielräume aus: „Wer mit KI attackiert wird, muss sich auch mit KI verteidigen – bei Cyberangriffen genauso wie bei der Terrorfahndung.“

Die Ablehnung der Linken-Politikerin Heidi Reichinnek als Mitglied des Kontrollgremiums verteidigte Henrichmann: „Ich halte es für falsch, wenn eine Fraktionsvorsitzende dieses Gremium übernimmt. Entweder ich habe die Zeit für eine solche Aufgabe – und das bedeutet auch abendliche Aktenarbeit – oder eben nicht. Und wenn ich zusätzlich noch Sympathien für Personen aus dem linksextremen Spektrum zeige, muss ich mich nicht wundern, wenn selbst ehemalige Partner die Stirn runzeln und sagen: So eine Person gehört nicht in ein geheimhaltungsbedürftiges Gremium.“

Zur Nichtberücksichtigung seines CDU-Kollegen Roderich Kiesewetter sagte Henrichmann: „Bei der Besetzung reden auch die Landesgruppen mit. Baden-Württemberg entsendet Alexander Throm, einen erfahrenen Innen- und Sicherheitspolitiker. Die genauen Hintergründe kenne ich schlicht nicht. Dabei schätze ich Roderich Kiesewetter und seine große Kompetenz nach wie vor.“

Foto: via dts Nachrichtenagentur

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