Bodo Ramelow sieht AfD als neue Normalität und fordert mehr direkte Demokratie

Bundestagsvizepräsident Bodo Ramelow (Linke) warnt davor, die AfD zu unterschätzen. „Ich bin erschrocken darüber, dass viele Politiker im Bundestag nach wie vor in den Rhythmen der Bonner Republik denken. Dass sie meinen, wir befänden uns in einer vorübergehenden demokratischen Krise“, sagte Ramelow der Wochenzeitung „Die Zeit“.

„Nein, wir müssen das endlich anerkennen: Es wird nie mehr so, wie es mal war.“ Die AfD sei Teil einer neuen Normalität. „Einer globalen Normalität, die wir in Deutschland lange nicht hatten.“

Nachdem Ramelow vor einem Jahr als Ministerpräsident von Thüringen abgewählt worden war, ist er Anfang dieses Jahres als Abgeordneter in den Bundestag eingezogen. Der parlamentarische Alltag zeige ihm, die Parteiendemokratie müsse vitalisiert werden. Er wirbt für mehr direkte Demokratie. Ein erster Schritt wäre es, die Bevölkerung über das Grundgesetz abstimmen zu lassen, sagte er. „Das wurde nach 1989/90 versäumt. Wenn wir das nun aber täten, würden wir uns damit noch einmal gemeinsam verständigen, wer wir sind, wer wir sein wollen.“

In der „Zeit“ spricht sich Ramelow für eine grundsätzliche Debatte über Volksabstimmungen aus. „Wenn ein Teil der Bevölkerung immer behauptet, angeblich für die Mehrheit zu sprechen, sollten wir ihn zwingen, den Beweis dafür anzutreten“, sagte der Ex-Ministerpräsident. „Ich glaube, solche Abstimmungen können die Demokratiezufriedenheit erhöhen.“

Auf die Frage, ob die Politiker in Berlin Angst vor der eigenen Bevölkerung hätten, sagte Ramelow: „Ja. Einfach ja.“ Es sei offenkundig, dass das demokratische System überarbeitet werden müsse. „Das Gute ist, es gibt da Ideen, es gibt Möglichkeiten, die im Grundgesetz stehen. Ich rede von regelkonformen Volksbegehren oder Volksabstimmungen oder Volksinitiativen.“ Ramelow sagte, er wisse, mehr direkte Demokratie würde nicht alle Probleme beheben. „Aber irgendwo müssen wir doch einmal anfangen. Wir können nicht einfach so weitermachen wie bisher.“

Foto: via dts Nachrichtenagentur

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