
Der Militärexperte Sönke Neitzel wirft Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) Mängel bei der Reform der Bundeswehr vor.
„Pistorius hat zwei Seiten: Er ist ein exzellenter Kommunikator, um den Menschen zu erklären, warum wir Rüstungsinvestitionen brauchen“, sagte er der „Süddeutschen Zeitung“ (Samstagausgabe). „Aber mit Blick auf das, was er wirklich verändert, sieht die Bilanz deutlich schlechter aus. Wir können die Soldaten heute nicht guten Gewissens in den Kampf schicken.“ Pistorius sei „noch nicht an das Grundproblem der Bundeswehr herangegangen, nicht an die überbordende Bürokratie und die übergroßen Behörden und Ämter“, so Neitzel, der den Lehrstuhl für Militärgeschichte an der Universität Potsdam innehat.
Russland rüste massiv auf und habe trotz der Verluste in der Ukraine 1,2 Millionen Mann unter Waffen. Dieser Rüstungsvorsprung existiere nur so lange, bis die Nato aufgeholt habe. „Die nächsten drei Jahre sind die gefährlichsten“, so Neitzel. „Es gibt für Putin also nur einen engen Zeitkorridor, in dem er sich entscheiden muss: Geht er in die Konfrontation oder nicht?“ In den kommenden Jahren sei die Lage für den russischen Präsidenten Wladimir Putin auch deswegen günstig, weil er darauf hoffen könne, „dass sich die USA aus einer Konfrontation beispielsweise im Baltikum heraushalten“.
Neitzel forderte zudem das schwedische Wehrpflichtmodell für Deutschland. „Wir brauchen einen verpflichtenden Wehrdienst von wenigstens zwölf Monaten. Ich bin kein Freund der alten allgemeinen Wehrpflicht, sondern des schwedischen Modells. Demnach werden alle gemustert. Wenn es nicht genug Freiwillige gibt, wird verpflichtet.“ Er warf Teilen der SPD vor, dies zu verhindern. „Für fatal halte ich, dass der linke Flügel der SPD die gesamte Regierung blockiert.“
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